OLG Stuttgart, Haftung bei Tätigwerden von Hilfspersonen des Frachtführers beim Verladen, Urteil vom 25.08.2021, Az. 3 U 91/20

Das OLG Stuttgart hatte es mit nachfolgendem Schaden zu tun: Der beauftragte Spediteur, der zu fixen Kosten tätig geworden ist, sollte drei elektronische Schaltschränke übernehmen und an die Empfängerin liefern. Als der erste Schaltschrank mittels der Hebebühne des eigenen LKWs verladen werden sollte, ist es zu einer Beschädigung gekommen. Die Parteien streiten darüber, ob der beschädigte Schaltschrank bereits in die Obhut des Spediteurs gelangt war.

Der Senat führt zunächst grundsätzlich aus, dass, wenn Hilfspersonen des Frachtführers vor Beendigung des vom Absender gemäß § 412 Abs. 1 HGB geschuldeten Verladevorgangs beim Verladen tätig werden, daraus nicht ohne weiteres folge, dass der Frachtführer das Gut schon zu Beginn der eigenmächtigen Mitwirkung bei der Verladung im Sinne von § 425 Abs. 1 HGB in seine Obhut genommen hat. Dagegen spreche insbesondere, dass sich das Gut trotz der Mitwirkung des Frachtführers oder einer seiner Hilfspersonen noch in der Einflusssphäre des Absenders befinde.

Der Absender habe das zu transportierende Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen, wenn sich nicht aus den Umständen oder der Verkehrssitte etwas anderes ergebe. Haben die Parteien in Abweichung von § 412 Abs. 1 Satz 1 HGB vereinbart, dass der Frachtführer das Gut auch zu verladen hat, so beginne der nach § 425 Abs. 1 HGB maßgebliche Haftungszeitraum bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Frachtführer das Gut zum Zwecke der Verladung in seine Obhut nehme, also nicht erst mit Beendigung des Beladevorgangs. Eine solche Vereinbarung könne ausdrücklich oder konkludent getroffen werden. Vorliegend war eine ausdrückliche Vereinbarung nicht geschlossen worden. Hierfür käme es in erster Linie auf solche Gegebenheiten an, die bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen und erkennbar wären. Eine konkludente Vereinbarung könne deshalb zwar dann getroffen worden sein, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss die Beförderung mit einem Fahrzeug vereinbart haben, das über eine besondere technische Verladevorrichtung verfügt, so dass nach Treu und Glauben die Vertragsparteien davon ausgehen könnten, dass damit die Verladung auf den Frachtführer übertragen worden sei. Die Tatsache allein, dass ein Transportfahrzeug mit besonderen technischen Verladevorrichtungen einschließlich einer Hebebühne zum Einsatz komme und die Parteien des Frachtvertrags keine Bedienung der Verladevorrichtung durch den Absender vereinbart haben, reiche aber nicht aus. Vorliegend hatte die Klägerseite nach Auffassung des Senats nicht darlegen und beweisen können, dass die Vertragsparteien die Verwendung eines Hebebühnenfahrzeuges vereinbart hatten. Zudem sei es bei einem solchen Fahrzeug nicht typisch, dass dann der Frachtführer die Verladung vornehmen müsse, denn die Hebebühne könne auch von Dritten bedient werden.

Der Senat hat weiter ausgeführt, dass ein Frachtführer zur beförderungssicheren Verladung des Gutes auch nach den Umständen aufgrund einer kausalen Vereinbarung bzw. ständigen Übung verpflichtet sein könne. Das wäre etwa dann der Fall, wenn er im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung die Verladetätigkeit tatsächlich übernommen habe, so dass der Absender nach Treu und Glauben gemäß §§ 242, 157 BGB annehmen durfte, der Frachtführer werde auch weiterhin so verfahren. Dabei komme es nicht darauf an, ob ein Zusatzentgelt übernommen wurde oder nicht. Dagegen könne jedoch aus der bloßen Mithilfe eines Subunternehmers des Fixkostenspediteurs noch nicht geschlossen werden, dass eine abweichende Vereinbarung über die Pflichtenverteilung getroffen worden sei.

Da Beladungstätigkeiten stets haftungsträchtig sind, sollte den damit einhergehenden Risiken durch entsprechende Vereinbarungen Rechnung getragen werden, sofern das möglich ist. Wie sich aus der Entscheidung des OLG ergibt, ist eine haftungsrechtliche Einordnung insofern trennscharf kaum möglich.

U.S.